Das Rosenheimer Radio Regenbogen und die Stiftung Attl erhalten für ihr Projekt Bürgerradio den 3. Platz des Inklusionspreises 2018
Meinungsbildung in eigener Sache: Bewohner der Stiftung Attl berichten in Radio Regenbogen über ihre Arbeit, über Musik und Sport. „Nicht über uns, sondern von uns“, ist der Leitgedanke des Bürgerradios, das eine breite Öffentlichkeit über die Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen informiert. Das Projekt überzeugte im Bezirk Oberbayern auch die Jury des Inklusionspreises, die es mit dem 3. Platz belohnte.
Bladiblub, den Mund gespitzt und die Lippen zu einem breiten Lächeln geformt: Stimmübungen und Gesichtsgymnastik gehören für Sabrina Breidel, Bernd Crellwitz und Michael Engl vor jeder Aufnahme im Studio dazu. Die Drei ziehen sich die Mikrofone heran. Gleich sind sie auf Sendung. „Sie hören Extra am Donnerstagabend – mit Sabrina.“ „Mit Bernd.“ „Und mit Michi.“ „Unser Thema ist heute die Musik.“
Bei der Ansage kommen alle reihum zu Wort. Routiniert meistern die drei Bewohner der Stiftung Attl die Begrüßung. Es folgt die Einspielung aufgezeichneter Interviews mit Freunden und Bekannten, Musikstücke, Gespräche. „Die Interviews machen wir selber“, erzählt Sabrina. „Das wird dann alles zusammengeschnitten und im Radio vorgestellt.“ Drei Sendungen waren es bisher: zur Arbeitswelt der Stiftung, zu den musikalischen Vorlieben der Bewohner und Bewohnerinnen und zum Sportangebot in Attl.
Ermöglicht wird das Bürgerradio durch Radio Regenbogen, einem gemeinnützigen Spartenanbieter. Sendegebiet ist der Südosten Oberbayerns; die Sendungen der Bewohner der Stiftung Attl waren im Landkreis Rosenheim zu hören. „Ich bin nur technische Assistenz und für den journalistisch-handwerklichen Part zuständig“, erzählt Julia Witte, die das Projekt bei Radio Regenbogen betreut. „In der Sendung bin ich nicht zu hören.“
Wie funktioniert Radio? Welche Themen sind interessant? Und wie moderiert man eine Sendung? Mit Workshops hat Witte die Bürgerreporter aus Attl auf das Radiomachen vorbereitet. Sie berät auch bei Themensuche und Interviews. Zur Seite steht ihr dabei Michael Wagner, Unternehmenssprecher der Stiftung Attl. „Unsere Bewohner haben sehr viele Geschichten über ihr Leben zu erzählen“, berichtet Wagner. „Wenn sie damit auf Sendung gehen, zeigen sie, dass sie Teil dieser Gesellschaft sind. Das erfüllt sie mit Stolz und stärkt ihr Selbstwertgefühl.“
Vor allem erfährt eine breite Öffentlichkeit so von den Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen, was sie bewegt, womit sie sich beschäftigen und welche Wünsche sie haben – ein Konzept, das auch die Jury des Inklusionspreises überzeugte. „Das Bürgerradio baut Barrieren im Kopf ab und schafft ein Bewusstsein für die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen“, heißt es in der Begründung für den Drittplatzierten des Inklusionspreises 2018. Besonders würdigte die Jury, dass das Bürgerradio Menschen mit Behinderungen ein Sprachrohr bietet und aktive Meinungsbildung ermöglicht. Dank der außergewöhnlich guten Projektidee gelinge es, so die Juroren, „dass Menschen mit Behinderungen aktiv, partizipativ und zugleich öffentlich gesamtgesellschaftlich teilhaben können“.
Radio Regenbogen:
Radio Regenbogen ist ein gemeinnütziger sogenannter Spartenanbieter. Es berichtet in eigenen Sendezeiten auf der Frequenz von Radio Charivari Rosenheim, Bayernwelle und Radio ISW vor allem über Kultur, Soziales und Kirchliches. Radio Regenbogen kann in ganz Südostoberbayern von über 800.000 Menschen empfangen werden. Redaktionssitz ist in Rosenheim. Gefördert wird Radio Regenbogen von der Bayrischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling und dem Bezirk Oberbayern.