Im September kam ein besonderer Erstklässler in die Makarius-Wiedemann-Schule. Der Parson Russel Terrier Willi von Fachlehrerin Renate Philippczik hat alle Herzen im Sturm erobert. In den kommenden Jahren soll er zum Schulhund ausgebildet werden.
„Willi ist so süß“, sagt Schülersprecherin Jacqueline Franz aus der BS 4. Ihre Klasse macht an diesem Tag mit Renate und Willi den Morgenkreis. Dabei begrüßt auch jeder Schüler und jede Schülerin den Schulhund mit Sprache und Gebärden. Als Jacqueline dran ist, wedelt Willi mit dem Schwanz. „Es geht ihm gut“, weiß die Schülerin dieses Zeichen zu deuten. Denn ihre Klasse hat bereits gelernt, auf Willis Signale Acht zu geben.
„Die Idee mit dem Schulhund ist während des ersten Corona-Lockdowns eher zufällig entstanden“, erzählt Lehrerin Renate Philippczik. Eine Kollegin am Wasserburger Integrationshort berichtete über ihre positiven Erfahrungen mit ihren eigenen Tieren. „Ich wünschte mir schon lange einen Hund und so machte ich mich in Absprache mit der Schulleitung auf die Suche nach einem geeigneten Tier.“ Denn nicht jeder Hund eignet sich für den Schulbetrieb. Friedlich, kinderlieb und sehr geduldig soll er sein. „Weil ich privat viel in den Bergen unterwegs bin, wollte ich ein tiefenentspanntes Powerpaket.“ Parson Russel Terrier haben ihr gut gefallen, weil die Tiere nicht zu groß werden, sehr sportlich und äußerst kinderfreundlich sind. Auch wenn die Rasse eher als hyperaktiv verschrien ist, haben sich die gelehrigen Hunde im Einsatz als Schulhund schon bewährt. „Wichtig war es, das ruhigste Jungtier aus dem Wurf zu finden. Der Rest ist Vertrauen“, sagt die Lehrerin. Sie habe auf die Kenntnis der Züchterin gebaut und auf ihr Bauchgefühl gehört. „Bei Willi passte alles zum Glück.“
Kommandos müssen sitzen
Zunächst trainierte sie die Grundkommandos mit ihrem Hund in der Welpen- und Junghundeschule. Denn diese müssen auch unter Ablenkung sitzen – lautes Schreien oder Lockungen dürfen Willi nicht reizen. Wenn Renate Philippczik mit ihrem Hund in der Attler Schule ist, hat Willi immer seine Hundebox dabei. Denn auch seine Auszeiten gehören zum Stundenplan. „Ich finde es ganz wichtig, dass Willi dann nach der Schule einfach nur Hund sein darf. Darauf achte ich sehr.“ Nach dem Unterricht geht es erst einmal raus zum Toben. Und auf dem Nachhauseweg macht Renate Philippczik meistens an einem Seeufer halt, wo sie mit Willi lange spazieren geht. „Ich lasse ihn rennen, damit er sich auspowern kann. Dann kann er auch mit anderen Hunden spielen. Das ist ganz wichtig für ihn. Sonst wäre er nicht so ausgeglichen.“
Co-Pädagoge im Klassenzimmer
Wenn Willi alt genug ist, macht er eine Weiterqualifizierung zum Schulhund. Dort erhält die Lehrerin dann nochmal wertvolle Tipps über das Tier-Mensch-Team, welche Spiele mit den Kindern funktionieren oder welche Ruhezeiten der Hund braucht. Denn schließlich soll er bei seinem Einsatz in Attl auch in schwierigen Situationen zurechtkommen, zum Beispiel wenn ein Schüler Angst vor ihm hat.
Dabei hat sich der Einsatz von Therapietieren bereits in der Praxis bewährt. Ist ein vierbeiniger Co-Pädagoge im Schulzimmer, seien die Kinder ruhiger, aufmerksamer, weniger gestresst und es gibt seltener Auseinandersetzungen. Auch lernen sie, Verantwortung zu tragen und Rücksicht zu nehmen, wenn sie sich um den Hund kümmern müssen; wenn sie ihn zum Beispiel mit frischem Wasser versorgen oder mit ihm Gassi gehen.
„Unsere Schüler müssen in Pandemiezeiten so viele Regeln einhalten und so viele Beschränkungen hinnehmen. Aber Willi ist eine Konstante“, betont Schulleiterin Karin Erhardt. „Mit ihm kann man immer lachen oder auch ihn auch mal streicheln. Und das ist gerade jetzt besonders wichtig, weil wir als Lehrer die Kinder auf Distanz halten sollen.“
Die Schüler jedenfalls sind begeistert von ihrem Willi. Auch wenn manche Kinder zunächst ängstlich waren, habe sich das schnell aufgelöst. So wie Jacqueline wissen sie schon gut mit ihm umzugehen. Und lernen dabei fürs Leben.